Basiswissen Huf
Der Pferdehuf ist ein wirklich faszinierendes und sehr komplexes Wunderwerk der Natur! Jeder Pferdebesitzer sollte daher über den Aufbau eines Hufes genau Bescheid wissen, um die Funktionsweise besser zu verstehen. Dadurch können Fehler vermieden und bei Hufproblemen diese sofort erkannt und richtig behandelt werden!
LEBENSRAUM Der natürliche Lebensraum von Pferden war früher die trockene Steppe. Wenig gehaltvolles Futter, weite Wege zur Wasserstelle und harte Böden standen an der Tagesordnung.
Hier in Mitteleuropa haben wir ganz andere Umweltbedingungen mit fetten, grünen, energiereichen Wiesen. Bis auf wenige Trockenperioden ist der Pferdehuf bei uns eher feuchten Böden ausgesetzt.
HORNWACHSTUM Das Horn wächst nicht in allen Bereichen des Hufes gleich schnell. In der Außenzone des Kronhorns beträgt das Wachstum bei einem gesunden Pferd in etwa 7 mm pro Monat. Bei einer Zehenwand von 10 cm dauert es daher mindestens 1 Jahr, bis sich die Hornwand komplett erneuert.
HORNQUALITÄT Die Hornqualität hängt stark ab von:
- # genetischen Faktoren (Rasse)
- # der Ernährung
- # äußeren Einflüssen (Arbeit)
- # der Bodenbeschaffenheit (Feuchtigkeit und Abrieb)
- # der Stallhygiene (Schutz vor Kot-Harn-Gemisch)
- # der Hufpflege (Sauberkeit)
HUFMECHANISMUS/BLUTPUMPE Der Hufmechanismus hat eine große Bedeutung für den Stoffwechsel und die Nährstoffversorgung im Huf. Er ermöglicht die Durchblutung des Hufes und er sorgt für die Stoßdämpfung. Es gibt einen horizontalen und einen vertikalen Hufmechanismus.
Beim horizontalen Hufmechanismus weitet sich der Huf im Bereich der Trachten. Beim Abfußen vom Boden funktioniert das Hufpolster im Huf wie ein Schwamm, es zieht sich zusammen und weitet sich wieder und saugt dabei frisches Blut aus dem oberen Bereich des Pferdebeins (Blutpumpe).
Der vertikale Hufmechanismus bewirkt eine Verschiebung der Hornkapsel nach oben, wenn ein Huf einseitig auf einen Stein oder eine Unebenheit tritt.
VERFORMBARKEIT Der Huf ist in sich selbst sehr beweglich. Unter Last kann er sich – wie beim Hufmechanismus bereits beschrieben – horizontal und vertikal bewegen. Dies ist für die Ableitung der auftretenden Kräfte zwischen Pferd und Boden äußerst wichtig.
Diese Beweglichkeit bedeutet aber auch, dass der Huf verformbar ist. Verformbar heißt, dass der Huf unter dauerhafter Last seine Wachstumsrichtung ändern kann. Unter ungünstigen Bedingungen wie
- # Bewegungsmangel
- # schlechte Bodenverhältnisse
- # Erkrankung
- # schlechtes Futter
- # einseitige Belastung
- # falsche Hufbearbeitung, etc.)
können Deformationen und damit große Probleme auftreten.
SOHLENGEWÖLBE Die Sohle des Hufes ist bei den meisten Pferden nach oben gewölbt. Pferde mit einem flachen Sohlengewölbe sind oft sehr empfindlich, da die Sohle Bodenkontakt hat und jeder Stein darunter sofort Druck auslöst.
Nicht jedes Pferd hat von Natur aus ein Sohlengewölbe (oft rasseabhängig). Ein Sohlengewölbe kann nicht durch Hufbearbeitung hergestellt werden. Damit wird die Sohle noch mehr ausgedünnt und man provoziert Entzündungen und Lahmheiten.
Kaltblüter und Pferderassen aus feuchten Gegenden haben oft sehr flache Sohlen, da das Sohlengewölbe eine Art „Saugglockeneffekt“ mit sich bringt und die Bewegung in tiefem Boden daher kraftaufwändiger ist, als mit flacher Sohle.
SOHLENSTÄRKE Je nach Rasse beträgt die Sohlenstärke 1,0 cm bis 2,5 cm. Ist die Sohle nicht dick genug, hat das Pferd bei härteren Böden Schmerzen beim Laufen. Oft fällt dies zu Beginn gar nicht auf, weil das Pferd die Muskulatur anspannt, die Bewegung verkürzt und etwas weniger Dynamik zeigt. Eine dünne Sohle führt unweigerlich zu Bewegungsunlust und der Teufelskreislauf von mangelnder Durchblutung, weniger Hornwachstum, Verspannungen etc. nimmt seinen Lauf. In diesem Fall ist ein (vorübergehender) Hufschutz unbedingt erforderlich.
HUFBALLEN/HUFPOLSTER Diese sind die Stoßdämpfer im Pferdehuf. Je ausgeprägter die Hufballen und die darunterliegenden Polster sind, umso stabiler und belastbarer ist der Pferdehuf. Funktioniert dieser Stoßdämpfer nicht, werden – vor allem bei harten Böden – Muskeln, Sehnen und Bänder, Hufe, Hufbeiträger und Knochen übermäßig belastet.
INFORMANT Der Huf fungiert für das Pferd wie ein Tastorgan und ist Informant und Stoßdämpfer zugleich.
Nervenbahnen im Huf und in den Muskeln leiten Information an das Rückenmark und an das Gehirn weiter und wieder zurück. Das Pferd erhält dadurch wichtige Informationen über die Art, die Stärke und die Richtung der Kräfte zwischen dem Körpergewicht und dem Untergrund.
Die Richtung der auftretenden Kräfte ändert sich in jeder einzelnen Bewegungsphase fließend, in der der Huf auftritt oder abfußt. Der Bereich, der den Boden zuerst berührt (je nach Geschwindigkeit und Gangart), ist großen Kräften ausgesetzt. Je höher die Geschwindigkeit, umso weiter verschiebt sich die Belastung in den hinteren Bereich des Hufes/der Hornkapsel, da die Hufpolster die beste Stoßdämpfung bieten.
BALANCE UND STATIK Balance und Statik sind für jeden Huf das A und O. Balance steht für Bewegung, Statik für Festigkeit. Der Huf ist eine Mischung aus beiden. Als Übergang zwischen Pferd und Boden ist der Huf großen Kräften ausgesetzt. Damit nirgends eine Überlastung entsteht, muss der Huf gut ausbalanciert sein und eine gute Hornqualität aufweisen.
Pferde mit ausbalancierten Hufen zeigen ein dynamisch-federndes und harmonisches Gangbild. Dadurch wird der Knochen-, Muskel- und Sehnenapparat geschont.
Bei schlechten und unausbalancierten Hufen werden Muskel, Sehnen und Knochen unweigerlich falsch und übermäßig belastet. Dies bedeutet aber nicht, dass alle Fehlstellungen des Hufes zu Problemen führen. Pferde sind hier äußerste Anpassungskünstler. Stimmt jedoch Balance, Statik, Fußung, Abrollverhalten und/oder Stellung nicht überein, führt dies zu vorzeitigem Verschleiß und Folgeerkrankungen.
HUFFEUCHTIGKEIT Die Feuchtigkeit, die jeder Huf benötigt um stabil zu sein, kommt hauptsächlich aus dem inneren des Hufes (Lederhaut). Der äußere Bereich des Kronhorns wird jedoch von außen mit Feuchtigkeit versorgt. Das Optimum für einen perfekten Huf liegt im Mittel, denn weder zu feucht (Fäulnis), noch zu Trocken (Sprödigkeit) ist gut dafür.
HUFABRIEB Dieser wird bei Barhuf Pferden oft unterschätzt, vor allem dann, wenn Pferde hauptsächlich am weichen Reitplatz bewegt oder auf befestigten Paddocks oder in Laufställen gehalten werden. Sehr harte Böden, aber auch sehr feine Sandgemische wirken wie ein Schleifpapier. Der Hufabrieb ist hier nicht zu unterschätzen. In diesem Fall kann ein Hufschutz schnell notwendig werden.
BESCHLAG/BARHUF In Bezug auf den Hufmechanismus/Hufpumpe ist barhuf sicher die beste, einfachste und billigste Variante beim Pferd, wenn dies möglich ist. Mit Hufeisen ist der vertikale Hufmechanismus zwar nicht vollständig ausgeschaltet, aber dennoch eingeschränkt. Dies ist wohl der größte Nachteil des Hufeisens.
Mit einem Beschlag können jedoch Hornsubstanz erhalten, zeitnah und effizient Sehnen entlastet, und ein ungünstiger Bewegungsablauf verbessert werden. Hier sollte abgewogen werden, was – je nach Einsatzgebiet und Einsatzart des Pferdes – notwendig bzw. wichtiger ist, der etwas eingeschränkte Hufmechanismus oder die Erhaltung der Mobilität eines Nutzpferdes.
BEWEGUNGSMANGEL Viele Pferde leiden durch Paddock-/Boxenhaltung oft an Bewegungsmangel. Der Hufmechanismus (Blutpumpe) kann so nicht mehr richtig funktionieren. Außerdem wächst das Hufhorn mit der Schrittfrequenz, das bedeutet, je mehr Bewegung, desto besser wird der Huf durchblutet, desto stärker wird das Hornwachstum angeregt. Ein Bewegungsmangel bedeutet für das Pferd daher ein Mangel an Hornwachstum.
PSYCHE Da das Pferd ein Fluchttier ist, wirken sich schlechte Hufe (verbunden mit Beschwerden oder Schmerzen) nicht nur auf die körperliche Gesundheit aus, sondern auch auf das seelische Gleichgewicht, die Psyche aus. Kann das Pferde nicht richtig laufen, ist es potentiellen Fressfeinden ausgeliefert. Dieser Punkt ist auch bei unseren domestizierten Pferden nicht zu unterschätzen.
Wer diese Zusammenhänge über und im Huf erkannt hat,
versteht erst, wie wichtig ein gesunder Huf für ein Pferd ist!
Und vor allem wie wichtig es ist,
diesen im Bedarf mit einem Hufschuh zu schützen!